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Presseberichte

"Entmietungsbüro" des Bauvereins in der Gießener Straße

Von den Mietern erwartete Kündigungen unberechtigt
"Entmietungsbüro" nennt der Bauverein bezeichnenderweise sein Büro vor Ort, in dem die Mieter der Wohnblocks Gießener Straße / Mollerstraße einen Ansprechpartner finden. Aber mit feinfühliger Semantik kann man sich nicht aufhalten, wenn im großen Stil saniert werden soll. Und so lässt der Bauverein auch keine Möglichkeit aus, den betroffenen Mietern zu versichern, alles werde sich für sie zum Besten richten.

Das scheint die Mieter allerdings so kurz vor geplantem Baubeginn im April 2005 nicht übermäßig zu überzeugen. Zu Recht wie der Mieterverein Darmstadt meint. Viel zu ungewiss ist die Zukunft der Mieter und zu vage sind die Versprechungen des Bauvereins.

Klar ist für die Mieter bislang nur, dass sie ihre Wohnungen bis Ende März verlassen haben müssen. Bereits beim vermeintlich großzügigen Angebot des Bauvereins, quartiersnahe Ersatzwohnungen für den Zwischenumzug anzubieten, hat sich für die meisten Mieter allerdings eine herbe Überraschung gezeigt. Angeboten wurden nämliche Wohnungen in Eberstadt-Süd, Kranichstein oder ehemalige Wohnblocks der amerikanischen Streitkräfte in der Eschollbrücker Straße, die notdürftig saniert wurden. Für die betroffenen Mieter, die in vielen Fällen seit 30 Jahren und mehr im heutigen Bürgerparkviertel leben keine akzeptable Lösung.

Viel schwerer wiegt nach Auffassung des Mietervereins allerdings die Tatsache, dass die Mieter ihre Wohnungen verlassen sollen, ohne dass ihnen konkrete Zusagen für den Wiederbezug gemacht werden. Die meisten Mieter wissen weder wann sie wieder in ihre alten Wohnung zurück können, noch ob es diese in der jetzigen Form überhaupt noch geben wird. Bekanntlich sollen der Zuschnitt der Wohnungen zum Teil großzügig verändert werden, im Ausgleich hierfür das Dachgeschoss ausgebaut werden. Ob den Mietern also überhaupt noch Wohnungen angeboten werden, die ihrer Lebenssituationen, Möblierung, Gewohnheiten und vor allem dem Geldbeutel entsprechen steht in den Sternen. Denn auch über die voraussichtliche Miethöhe hüllt sich der Bauverein in Schweigen.

Die Ankündigung, es würden in den nächsten Wochen Kündigungen der Wohnungen zugehen, hat die Bewohnerschaft zusätzlich verunsichert. Auch die Bestätigung der Fachleute des Mietervereins, dass für Kündigungen des Bauvereins überhaupt keine rechtliches Interesse besteht und diese gesetzlich ohnehin nicht durchsetzbar wäre, kann nur den Mietern geholfen werden, die ihre Rechte kennen und wahrnehmen. Der Mieterverein hat bereits über eine Flugblattaktion versucht, den Mietern nahe zu bringen, dass sie nicht schutzlos sind. Ob dies den betroffenen Menschen die Verunsicherung nimmt, ist allerdings derzeit ungewiss.

Bauverein schickt Mietern im Bürgerparkviertel die Kündigung

Infoveranstaltung für die betroffenen Mieter geplant
Die schlimmsten Befürchtungen der Mieter des Sanierungsgebietes Mollerstraße, Gießener Straße und Büdinger Straße sind jetzt eingetroffen: die Bauverein AG hat Ende Januar den Mietern schriftliche Kündigungen ihrer Wohnungen geschickt. Danach sollen die betroffenen Mieter bis zum 30.04.05, die letzten bis 31.10.05 ihre Wohnungen geräumt haben. Gleichzeitig steht allerdings nach wie vor im Raum, dass die Umbauarbeiten bereits am 1. April beginnen sollen.

Nachdem die Bauverein AG gänzlich darauf verzichtet hatte, rechtmäßige Ankündigungen ihrer Modernisierungsmaßnahme zu verschicken, wurde den Mietern jetzt gekündigt. Der Grund: man sei an einer wirtschaftlichen Verwertung der Gebäude gehindert. Erstmals macht die Bauverein AG damit deutlich, dass die Mieter ihre wirtschaftlichen Interessen stören, erstmals wird in diesen Kündigungen jetzt davon gesprochen, dass tatsächlich weitreichende Grundrissveränderungen der Wohnungen geplant sind. Damit ist auch klar, dass die Mieter in ihre alten Wohnungen vermutlich nicht mehr zurück können, wie bislang von der Bauverein AG immer behauptet wurde.

Auch wenn die jetzt verschickten Kündigungen abwegig sind und die Mietverhältnisse selbstverständlich nicht beenden, zeigt sich die offensichtlich vorkalkulierte Wirkung augenblicklich. Die Mieter befinden sich zum großen Teil in Panik. Ihre Existenzängste entladen sich in verzweifelten Gesprächen in der Beratung des Mietervereins. Die einzelnen Lebensschicksale der überwiegend älteren Bewohner machen auch die Rechtsberater des Mietervereins betroffen. Viele der Mieter leben bereits seit Jahrzehnten in den Wohnungen und haben ihr gesamtes Geld dort investiert. Sie sind in langjährigen Hausgemeinschaften verwurzelt, in denen man gelernt hat, die Schwächen der anderen zu tolerieren und von den Stärken zu profitieren. Man unterstützt sich gegenseitig. Auf diese Weise gelingt es einigen hochbetagten Mietern auch heute noch, ihre Selbstständigkeit zu bewahren.

Jetzt stehen viele Mieter vor einem Scherbenhaufen. Sie wissen genau, dass sie auf dem Darmstädter Wohnungsmarkt mit seinen ungebremst hohen Mieten kaum Chancen haben.

Statt seiner Vorbildfunktion als städtisches Wohnungsbauunternehmen gerecht zu werden, tritt die Bauverein AG im Bürgerparkviertel als Sanierer nach Gutsherrenart auf. Das unverantwortliche Konzept des "Entmietens" scheint aufzugehen, denn die Zermürbungstaktik hinterlässt bei den meisten Mietern ihre Spuren. Viele sind jetzt nur noch froh, wenn sie nicht irgendwann auf der Straße sitzen.

Aus Anlass der Kündigungen plant der Mieterverein für alle Bewohner der betroffenen Straßenzüge am Donnerstag, dem 10. Februar, um 17 Uhr eine Informationsveranstaltung im Gemeindesaal der Michaelisgemeinde, Liebfrauenstraße 6 in Darmstadt.