In seinem Urteil hat sicht der BGH mit der Frage befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Mieter, der sich durch den von einem tiefer gelegnenen Balkon aufsteigenden Zigarettenrauch im Gebrauch seiner Wohnung beeinträchtigt fühlt und zudem Gefahren für seine Gesundheit durch sogenanntes Passivrauchen befürchtet, von dem anderen Mieter verlangen kann, das Rauchen während bestimmter Zeiten zu unterlassen.
Die Parteien sind Mieter in einem Mehrfamilienhaus in Brandenburg. Die Kläger wohnen im ersten Stock, die Beklagten im Erdgeschoss. Die Balkone der Wohnungen liegen übereinander. Die Beklagten sind Raucher und nutzen ihren Balkon mehrmals am Tag zum Rauchen, wobei der Umfang des täglichen Zigarettenkonsums streitig ist.
Die Kläger fühlen sich als Nichtraucher durch den von dem Balkon aufsteigenden Tabakrauch gestört und verlangen deshalb von den Beklagten, das Rauchen auf dem Balkon während bestimmter Stunden zu unterlassen. Das Amtsgericht hatte zunächst die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Beide Gerichte warend der Meinung, dass ein Rauchverbot mit der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Lebensführung nicht vereinbar sei; diese schließe die Entscheidung ein, unabhängig von zeitlichen und mengenmäßigen Vorgaben auf dem zu gemieteten Wohnung gehörenden Balkon zu rauchen.
Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückgewiesen. Der BGH ist der Ansicht, dass einem Mieter gegenüber demjenigen, der ihn in seinem Besitz durch sog. Immissionene stört, grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch habe. Dieser Anspruch bestünde auch im Verhältnis der Mieter untereinander. Ein Ausschluss des Abwehranspruchs ergebe sich nicht daraus, dass das Rauchen eines Mieters im Verhältnis zum Vermieter grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehöre. Vertragliche Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermeiter rechtfertigen nicht die Störung Dritter.
Der BGH schließt den Abwehranspruch des Mieters jedoch aus, wenn die Beeinträchtigungen nur unwesentlich sind. Das ist dann anzunehmen, wenn sie auf dem Balkon der Wohnung des sich gestört fühlenden Mieters nach dem Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Menschen nicht als wesentliche Beeinträchtigungen empfunden werden.
Liegt hingegen nach diesem Maßstab eine als störend empfundene Beeinträchtigung vor, besteht der Unterlassungsanspruch allerdings nicht uneingeschränkt. Es kollidieren zwei grundrechtlich geschützte Besitzrechte, die in einem angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen. Einerseits steht dem Mieter das Recht auf eine von Belästigungen durch Tabakrauch freie Nutzung seiner Wohnung zu, andererseits hat der andere Mieter das Recht, seine Wohnung zur Verwirklichung seiner Lebensbedürfnisse - zu denen auch das Rauchen gehört - zu nutzen.
Das Maß des zulässigen Gebrauchs und der hinzunehmenden Beeinträchtigungen ist nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu bestimmen. Im Allgemeinen wird dies auf eine Regelung nach Zeitabschnitten hinauslaufen. Dem Mieter sind Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf. Die Bestimmung der konkreten Zeiträume hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.
Sollte die Geruchsbelästigung nur unwesentlich sein, kommt ein Abwehranspruch in Betracht, wenn Gefahren für die Gesundheit drohen. Immissionen, die die Gefahr gesundheitlicher Schäden begründen, sind grundsätzlich ale eine wesentliche und damit nicht zu duldende Beeinträchtigung anzusehen. Bei der Einschätzung der Gefährlichkeit der Einwirkung durch aufsteigenden Tabakrauch ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Freien geraucht wird. Insoweit kommt den Nichtrauchergesetzen des Bundes und der Länder, die das Rauchen im Freien grundsätzlich nicht verbieten, eine Indizwirkung dahingehend zu, dass mit dem Rauchen auf dem Balkon keine konkreten Gefahren für die Gesundheit anderer einhergehen. Nur wenn es dem Mieter gelingt, diese Annahme zu erschüttern, indem er nachweist, dass im konkreten Fall der fundierte Verdacht weiner Gesundheitsbeeinträchtigung besteht, wird eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegen und deshalb eine Gebrauchsregelung getroffen werden müssen.
Daher war die Sache an das Landgericht zurückzuweisen, weil es bislang keine Feststellung dazu getroffen hat, ob der Rauch auf dem Balkon der Kläger als störend wahrnehmbar ist oder ob im konkreten Fall von dem Tabakrauch gesundheitliche Gefahren ausgehen, wie die Kläger unter Hinweis auf eine Feinstaubmessung behaupten.