"Entmietungsbüro" des Bauvereins in der Gießener Straße
Neuer Mietspiegel für Darmstadt
Gastbeitrag des Mietervereins für Frankfurter Rundschau
Nebenkosten und kein Ende - Beratungsstatistik 2002
Von den Mietern erwartete Kündigungen unberechtigt
"Entmietungsbüro" nennt der Bauverein bezeichnenderweise sein Büro vor Ort, in dem die Mieter der Wohnblocks Gießener Straße/Mollerstraße einen Ansprechpartner finden. Aber mit feinfühliger Semantik kann man sich nicht aufhalten, wenn im großen Stil saniert werden soll. Und so lässt der Bauverein auch keine Möglichkeit aus, den betroffenen Mietern zu versichern, alles werde sich für sie zum Besten richten.
Das scheint die Mieter allerdings so kurz vor geplantem Baubeginn im April 2005 nicht übermäßig zu überzeugen. Zu Recht wie der Mieterverein Darmstadt meint. Viel zu ungewiss ist die Zukunft der Mieter und zu vage sind die Versprechungen des Bauvereins.
Klar ist für die Mieter bislang nur, dass sie ihre Wohnun-gen bis Ende März verlassen haben müssen. Bereits beim vermeintlich großzügigen Angebot des Bauvereins, quartiersnahe Ersatzwohnungen für den Zwischenumzug anzubieten, hat sich für die meisten Mieter allerdings eine herbe Überraschung gezeigt. Angeboten wurden nämliche Wohnungen in Eberstadt-Süd, Kranichstein oder ehemalige Wohnblocks der amerikanischen Streitkräfte in der Eschollbrücker Straße, die notdürftig saniert wurden. Für die betroffenen Mieter, die in vielen Fällen seit 30 Jahren und mehr im heutigen Bürgerparkviertel leben keine akzeptable Lösung.
Viel schwerer wiegt nach Auffassung des Mietervereins allerdings die Tatsache, dass die Mieter ihre Wohnungen verlassen sollen, ohne dass ihnen konkrete Zusagen für den Wiederbezug gemacht werden. Die meisten Mieter wissen weder wann sie wieder in ihre alten Wohnung zurück können, noch ob es diese in der jetzigen Form überhaupt noch geben wird. Bekanntlich sollen der Zuschnitt der Wohnungen zum Teil großzügig verändert werden, im Ausgleich hierfür das Dachgeschoss ausgebaut werden. Ob den Mietern also überhaupt noch Wohnungen angeboten werden, die ihrer Lebenssituationen, Möblierung, Gewohnheiten und vor allem dem Geldbeutel entsprechen steht in den Sternen. Denn auch über die voraussichtliche Miethöhe hüllt sich der Bauverein in Schweigen.
Die Ankündigung, es würden in den nächsten Wochen Kündigungen der Wohnungen zugehen, hat die Bewohnerschaft zusätzlich verunsichert. Auch die Bestätigung der Fachleute des Mietervereins, dass für Kündigungen des Bauvereins überhaupt keine rechtliches Interesse besteht und diese gesetzlich ohnehin nicht durchsetzbar wäre, kann nur den Mietern geholfen werden, die ihre Rechte kennen und wahrnehmen. Der Mieterverein hat bereits über eine Flugblattaktion versucht, den Mietern nahe zu bringen, dass sie nicht schutzlos sind. Ob dies den betroffenen Menschen die Verunsicherung nimmt, ist allerdings derzeit ungewiss.
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Klammheimlich hat sich der neue Mietspiegel in die Öffentlichkeit geschlichen, denn eine ordentliche Verabschiedung der Tabelle durch die Stadtverordneten steht noch aus.
Der Mietspiegel 2003 bringt für Darmstadts Mieterhaushalte wiederum Mietsteigerungen in erheblichem Ausmaß. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp wie immer und die neuen Steigerungen der orstüblichen Mieten werden viele Haushalte an den Rand des Existenzminimums bringen. Mit seiner aus den Vorjahren bekannten Ausstrahlung auf die Mietwohnungsmärkte der benachbarten Gemeinden des Landkreises wird in der ganzen Region Südhessen ein deutliches Anziehen der Preise auf dem Wohnungsmarkt ausgelöst werden. Nach Auffassung des Mietervereins Darmstadt, der mit 13.000 organisierten Haushalten einen Großteil der Darmstädter Mieter vertritt, ist diese stetige und ungebremste Aufwärtsentwicklung alarmierend.
Beispiel: eine Vier-Zimmer-Wohnung, 90 qm, Baujahr 1965, großes Wohnzimmer, Badezimmer mit Dusche und Badewanne, Fahrradkeller im Haus, guter Wärmestatus ergibt nach dem neuen Mietspiegel eine ortsübliche Miete von 7,43 Euro pro Quadratmeter.
Nach dem alten Mietspiegel errechnen sich für die gleiche Wohnung 5,28 Euro pro Quadratmeter. Es ergibt sich eine 40,7-prozentige Mietsteigerung.
Weist diese Wohnung noch zusätzlich einen Balkon auf, steigt die Miete nach dem neuen Mietspiegel auf 8,06 € und ergibt eine 52-prozentige Mietsteigerung.
Lediglich die Mieter von Kleinstwohnungen bis 25 Quadratmeter dürfen sich freuen. Dort sind die Mieten zum Teil sogar gesunken.
Dies unter der Überschrift "Villenkolonie ist keine Toplage mehr" auf eine marginales Randproblem zu reduzieren, wie letzte Woche im Darmstädter Echo zu lesen, dürfte für viele Mieter, die bis zu fünfzig Prozent ihres Monatseinkommens für Wohnkosten aufwenden müssen, zynisch geklungen haben. Offensichtlich wurde die rechtliche und tatsächliche Bedeutung des Mietspiegels vom Vorsitzenden des Liegenschaftsausschusses nicht erfasst, so haarscharf ging die Argumentation an der eigentlichen Problematik des Mietspiegels vorbei.
Tatsache bleibt, dass der Mietspiegel wie auch in den Jahren zuvor die Spirale der Mietpreissteigerungen weiter ankurbelt. Und dies in Zeiten sinkender Realeinkommen und bevorstehender tiefer Einschnitte bei den Sozialleistungen. Nach einer Erhebung des Instituts für Soziale Stadtentwicklung Potsdam nahm Darmstadt bereits mit den Werten des alten Mietspiegels im Jahr 2002 den 13. Platz unter allen Städten mit Mietspiegeln ein. Mit den neuen Werten wird ein deutlicher Ruck in Richtung Tabellenspitze zu verzeichnen sein. Ein fragwürdiger Fortschritt für Darmstadts Mieter.
Dass die Stadt sich den Luxus geleistet hat den kostenverschlingenden Mietspiegel für eine rechtliche Geltungsdauer von gerade einmal zwei Jahren auf den Markt zu bringen, verwundert um so mehr. Unerklärliche zwei Jahre dauerte die Datenerhebung und verschlang damit die ersten beiden Jahre der Geltungsdauer eines qualifizierten Mietspiegels komplett. Wegen dieser Zeitverzögerung musste der Mietspiegel bereits vor seinem Erscheinen mit den Zahlen des Lebenshaltungskostenindexes fortgeschrieben werden, weshalb sich seine Lebenszeit dramatisch verkürzt hat.
Der Mieterverein hat dem Mietspiegel mit der Zielsetzung, weitere Auswüchse auf dem Wohnungsmarkt zu vermeiden, zugestimmt. Der Mietspiegel hat seine Qualitäten in der Vermeidung kostenintensiver Gerichtsprozesse in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Dennoch weist der Mietspiegel in seiner Version 2003 nach Auffassung des Mietervereins erhebliche Strukturschwächen auf. Insbesondere das unübersichtliche System der Zu- und Abschlagsmerkmale lässt eine systematische Einordnung bestimmter Wohnungskategorien nicht mehr zu. Dies ist fatal für die Außenwirkung. Probleme in der praktischen Anwendung sind vorprogrammiert. Der Mietspiegel ist in weiten Teilen zu kompliziert in der Anwendung und wird dabei in seiner Vermittelbarkeit bei den Mietern erhebliche Schwächen zeigen. Der Mieterverein wird diese Entwicklung in der Praxis kritisch beobachten und zu Tage treten Schwachstellen dokumentieren.
Bei Rückfragen:
Margit Heilmann, Tel.: 06151 - 49 799 - 22
heilmann(at)mieterverein-darmstadt.de
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Neuer Mietspiegel für Darmstadt
Der neue Mietspiegel für Darmstadt ist da. Endlich, werden viele sagen. Darunter auch viele Mieter, die die Unsicherheiten der letzten beiden Jahre lieber gegen eine teure Gewissheit tauschen.
Der Mietspiegel zeigt das ortsübliche Mietniveau auf und legt damit die rechtliche Obergrenze für Mieterhöhungen fest. Eine Art Querschnitt durch alle vermieteten Wohnung also. Leider aber nur durch einen Teil der Wohnungen, denn erfasst sind lediglich die Mietabschlüsse der letzten vier Jahre. Langjährige Bestandsmieten fehlen. Der Mietspiegel bietet deshalb nach unserer Auffassung nur ein gesetzlich gewolltes Zerrbild des Wohnungsmarktes.
Dem qualifiziert erhobenen Mietspiegel heutiger Lesart kommt ein erheblicher Beweiswert in rechtlichen Auseinandersetzungen um eine Mieterhöhung zu. Das setzt natürlich die Aktualität des Zahlenmaterials voraus. Der erste qualifizierte Mietspiegel Darmstadts hat eine lange Entstehungsgeschichte. Was mit der offiziellen Datenerhebung im August 2001 begann, wurde von den Verantwortlichen bis in den Sommer 2003 verschleppt.
Zur Rettung des teuren Projektes musste das veraltete Datenmaterial fortgeschrieben werden. Kurzerhand wurde aus dem Mietspiegel 2001 der Mietspiegel 2003 mit der Konsequenz, dass sich seine rechtliche Lebensdauer auf zwei Jahre, also um die Hälfte, verkürzt hat. Danach muss neu erhoben werden. Ein bemerkenswerter Vorgang angesichts leerer kommunaler Kassen.
Auch der Mietspiegel 2003 wird, wie jeder neue Mietspiegel, die unendliche Spirale der Mietsteigerungen ankurbeln. Vielen Vermietern ist mittlerweile mehr daran gelegen, ein möglichst großes Stück vom Kuchen zu bekommen, als ein gut funktionierendes Mietverhältnis zu honorieren.
Im Vergleich kostete eine 95 Quadratmeter große, repräsentative Altbauwohnung mit vier Zimmern, Balkon, guter Badausstattung und Gästetoilette, sowie großem Wohnzimmer nach dem alten Mietspiegel 5,26 Euro nach dem neuen Mietspiegel aber bereits 8,32 Euro, also 37 Prozent mehr.
Auch die 60 Quadratmeter große Drei-Zimmer-Wohnung aus den Siebzigern mit integrierter Küche, guter Badausstattung, guter wärmetechnischer Beschaffenheit und einem Fahrradkeller, stieg um 36 Prozent von 6 Euro auf 9,38 Euro.
In Zeiten sinkender Realeinkommen und bevorstehender tiefer Einschnitte bei den Sozialleistungen ist diese Entwicklung für uns ein alarmierendes Zeichen. Bereits mit den Werten des alten Mietspiegels von 1998 nahm Darmstadt einen Spitzenplatz in der Rangliste der teuersten deutschen Städte ein. Mit den neuen Werten wird Darmstadt merklich zur Tabellenspitze aufrücken.
Obwohl mehrheitlich in der ganzen Republik die Wohnungsmärkte ein entspanntes Bild darstellen, hat diese Trendwende das Ballungszentrum RheinMain bislang nicht erreicht. Bezahlbarer Wohnraum ist in Darmstadt knapp wie eh und je. Gepaart mit hohen Lebenshaltungskosten werden die Mieten einen nicht unerheblichen Anteil daran haben, dass viele Haushalte in Darmstadt an den Rand des Existenzminimums getrieben werden.
Schweren Herzens hat der Mieterverein Darmstadt sich, trotz aller Kritik, durchgerungen, dem Mietspiegel 2003 zuzustimmen. Seine Qualität bei der Vermeidung kostenintensiver Gerichtsprozesse hat der Darmstädter Mietspiegel in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Die meisten Mieterhöhungen lassen sich heute außergerichtlich auf der Grundlage des Mietspiegels regeln. Vor allem Mieter können sich Streitigkeiten mit erheblichem Kostenrisiko vor den Amtsgerichten ersparen. In einer Stadt mit gleichbleibend hohem Mietniveau und zunehmend marktorientierten Vermietern ist dies ein ernst zu nehmender Aspekt in der mieterpolitischen Arbeit.
Unsere Erfahrungen zeigen überdies, dass viele Mieter häufig zu leichtgläubig überhöhte Mieten, die über Mietspiegelniveau liegen aus Unkenntnis oder aus Angst vor Wohnungsverlust, akzeptieren. Diese überhöhten Mieten bilden bereits heute die Grundlage für die steigenden Mieten der Zukunft.
Wir akzeptieren den Mietspiegel als wichtiges außergerichtliches Schlichtungsinstrument. Wir warnen allerdings auch davor, die Wohnung, die immer noch Lebensmittelpunkt eines Menschen ist, zunehmend wie Ware in einem rein marktwirtschaftlich orientierten Wettbewerb zu behandeln. Jeder Mensch muss sich sein Dach über dem Kopf leisten können. Mieter wie Eigentümer. Daran wird auch in Zukunft niemand vorbeikommen.
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Mieterverein legt seine Beratungsstatistik 2002 vor
Die Mietrechtsberatung des Mietervereins Darmstadt zeigt auch im Jahr 2002 steigende Tendenz. Mussten 2001 erstmals mehr als 10.000 Beratungen vom Verein geleistet werden, steigerte sich die Nachfrage der Mitglieder im abgelaufenen Jahr nochmals um weitere 2.6 Prozent.
Der seit Jahren ungebrochene Spitzenreiter der Beratungsgründe, Heiz-und Nebenkosten setzte sich im Jahr 2002 mit einer nochmals deutlichen Zunahme an die Spitze aller Nachfragen bei den Vereinsjuristen. 3.162 mal suchten die Mitglieder die Beratung des Mietervereins wegen dieser Probleme auf. Bezogen auf den gesamten Beratungsumfang bedeutet dies, dass 29,7% aller Beratungen des Mietervereins sich um das Thema Heiz- und Nebenkosten drehen. Im Vergleich dazu betrug dieser Anteil im Vorjahr lediglich 25,1%.
Mit deutlichem Abstand folgen auf Platz zwei die Beratungen wegen Mängeln der Wohnung mit nur 17,1 Prozent Anteil an den gesamte Beratungen.
Diese Tendenz zeigt deutlich, dass die 2. Miete "Betriebskosten" die Mieter immer mehr finanziell in die Enge treibt. Bei einem Vergleich des relativen Mietniveaus nimmt Darmstadt bundesweit Rang 13 ein. Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen ist Darmstadt für Mieter nach wie vor ein teures Pflaster.
Für die Juristen des Vereins standen neben dem altbekannten Problem der Abwasserkosten, in erster Linie die heftig gestiegenen Heizkosten im Mittelpunkt der Fragen. Egal, ob eine deutliche Steigerung der Öl- und Gaskosten die Heizkosten in die Höhe treiben oder eine Umstellung auf Fernwärme in vielen Fällen eine Verdoppelung der Heizkosten herbeiführte: Für viele Mieterhaushalte reicht die Kaufkraft nicht mehr aus, um die stetig steigenden Wohnkosten aufbringen zu können. Vor allem viele Haushalte mit Kindern stehen in der Region bereits heute vor der sicheren Erkenntnis, dass weitere Steigerungen der Miet- und Nebenkostenbelastung angesichts stagnierender Gehälter und Löhne nicht mehr aufzubringen sind.
Bei Rückfragen:
Margit Heilmann, Tel.: 06151 - 49 799 - 22
heilmann(at)mieterverein-darmstadt.de
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