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Mietrechtsreform 2012/2013

Die Bundesregierung plant mit einem so genannten Mietrechtsänderungsgesetz
zahlreiche Mietrechtsverschlechterungen. Mieterrechte sollen abgeschafft
und Kündigungsvorschriften eingeschränkt werden. Ziel der
Bundesregierung ist es, die energetische Modernisierungsquote im vermieteten
Gebäudebestand zu erhöhen. Außerdem sollWohnungsbetrügern und Mietnomaden das Handwerk gelegt werden. Beide Ziele werden aus Sicht des Deutschen Mieterbundes (DMB) mit diesem Mietrechtsänderungsgesetz verfehlt.

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf am 23. Mai 2012 beschlossen.
Am 27. September 2012 findet die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag statt. Denkbar ist, dass das Mietrechtsänderungsgesetz noch in diesem Jahr im Bundestag verabschiedet wird und dann zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) stellt im Folgenden die wesentlichen Änderungen
dar und nimmt Stellung dazu.

1. Mietminderung

Das Mietminderungsrecht wird bei energetischen Modernisierungen für drei Monate
völlig abgeschafft.

DMB: Kommt es im Zuge der Sanierungsarbeiten zu einem Ausfall von Heizung und Warmwasser, ist das Haus komplett eingerüstet, gibt es keine Lüftungsmöglichkeiten mehr und leben Mieter wochenlang mit Dreck und Lärm auf einer Großbaustelle, müssen sie künftig trotzdem die volle Miete, also 100 Prozent, zahlen. Eine vergleichbare Regelung gibt es im Zivilrecht nicht noch einmal. Niemand muss 100 Prozent zahlen, wenn die Gegenleistung nicht zu 100 Prozent in Ordnung ist. Wir bezweifeln außerdem, dass für die Investitionsentscheidung eines Eigentümers das Mietminderungsrecht irgendeine Rolle spielt: Wenn in einem zu modernisierenden Zehnfamilienhaus tatsächlich zwei Mietparteien die Miete um 20 Prozent kürzen sollten, wäre das bei einer durchschnittlichen Miete von 600 Euro ein Betrag von 240 Euro im Monat. Davon macht kein vernünftig denkender Eigentümer Investitionen in Höhe von 100.000 Euro oder mehr abhängig.

2. Energetische Modernisierung

Der Begriff wird neu gefasst und erweitert:
Modernisierungsmaßnahmen sind Veränderungen zur Verbesserung der Mietsache
oder sonstiger Gebäudeteile, insbesondere bauliche Maßnahmen, durch die nachhaltig Primär- oder Endenergie eingespart oder Energie effizienter genutzt oder das Klima auf sonstige Weise geschützt wird.

DMB: Energetische Modernisierungen sollen keine (Heizkosten-)Ersparnisse bei Mietern voraussetzen. Umstellungen beispielsweise auf Fernwärme oder den Anschluss an eine Kraft-Wärme-Koppelungs-Anlage müssen Mieter dulden und über Mieterhöhungen zahlen. Das Gleiche gilt, wenn der Vermieter bisher veraltete Regelungstechnik eingesetzt, Wartungsarbeiten nicht durchgeführt hat und die Heizungsanlage in einem hohen Maße unwirtschaftlich arbeitet. Werden jetzt
Investitionen notwendig und kann die Energie dann „effizienter“ genutzt werden,
müssen Mieter dulden und bezahlen. Mieterhöhungen, ohne dass Mieter auch
Heizkosten sparen oder nur deshalb, weil Vermieter ihren vertraglichen Pflichten nachkommen, lehnen wir strikt ab.

3. Ankündigung der Modernisierung

Zwar muss der Vermieter wie bisher die Modernisierungsmaßnahme spätestens drei Monate vor ihrem Beginn ankündigen. Soweit er über mögliche Energieeinsparungen informiert, soll es aber künftig ausreichen, wenn er sich auf „anerkannte Pauschalwerte“ beruft.

DMB: Die Sinnhaftigkeit oder die Wirtschaftlichkeit einer energetischen Modernisierung ist für den Mieter nicht mehr nachvollziehbar, vor allem auch nicht mehr überprüfbar. Streng genommen muss der Vermieter aber noch nicht einmal derartige pauschale Hinweise geben. Kündigt der Vermieter die Maßnahme nicht an, wird die mögliche Mieterhöhung sechs Monate später wirksam. Weitere Sanktionen gibt es nicht.

4. Duldung der Modernisierungsmaßnahme

Grundsätzlich müssen Mieter Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters immer dulden, schon heute. Lediglich in Ausnahmesituationen, wenn sie sich auf Härtegründe berufen können, muss eine Interessenabwägung stattfinden. Jetzt müssen Mieterinteressen nicht nur gegen Vermieterinteressen abgewogen werden, sondern auch mit den Belangen der Energieeffizienz und des Klimaschutzes.

DMB: Die bisherigen Härtegründe verlieren noch mehr an Bedeutung. Es ist nur schwer vorstellbar, dass das individuelle Interesse eines Mieters den Belangen der Energieeffizienz und des Klimaschutzes vorgehen kann.

5. Frist für Härtegründe

Mieter sollen sich künftig nur noch einen Monat lang nach Erhalt der Modernisierungsankündigung auf Härtegründe berufen können.

DMB: Eine derartige Frist hat es noch nie gegeben. Da der Vermieter auch nicht verpflichtet sein soll, auf diese Frist hinzuweisen, wird dies dazu führen, dass kaum ein Mieter von seinem Recht Gebrauch machen wird. Er weiß gar nicht, dass er sich auf Härtegründe berufen kann.

6. Härtegrund "Mieterhöhung"

Der Härtegrund „zu erwartende Mieterhöhung“ entfällt, wenn es um die Duldung der Modernisierung geht. Bei der Mieterhöhung kann die finanzielle Härte aber Berücksichtigung finden, wenn der Mieter die Härte innerhalb eines Monats nach Zugang der Modernisierungsankündigung gegenüber seinem Vermieter anmeldet.

DMB: Entfallen Modernisierungskosten in Höhe von 20.000 Euro auf die Mietwohnung, führt dies zu einer Mieterhöhung von 183 Euro im Monat. Mieter sollen die Duldung künftig nicht mehr mit dem Argument verweigern können, diese Mieterhöhung sei für sie unbezahlbar. Die Maßnahme kann also mit Hinweis auf die finanzielle Härte nicht mehr verhindert werden. Ist die Modernisierung aber erst einmal abgeschlossen, wird der Härtegrund "Mieterhöhung" kaum noch Bedeutung haben.

7. Mieterhöhung nach Modernisierung

Die bisherige Regelung, dass elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufgeschlagen werden dürfen, bleibt unverändert.

DMB: Entfallen 10.000 Euro Modernisierungskosten auf die Mieterwohnung, kann der Vermieter 1.100 Euro mehr Miete im Jahr fordern oder 91,67 Euro im Monat. Eine 20.000 Euro teure Investition führt sogar zu einer Vermieterforderung von 183,33 Euro mehr Miete im Monat. Derartige Mieterhöhungen sind für viele Mieter nicht bezahlbar. Konsequenz dieser gesetzlichen Regelung ist: Je teurer die Modernisierung ausfällt, desto höher steigt die Miete. Richtig wäre es, stattdessen zu sagen: Je besser und effizienter die Modernisierungsmaßnahme, je größer die Energieeffizienzverbesserungen sind, desto mehr kann auch die Miete steigen. Dazu müsste die bisherige Mieterhöhungsvorschrift, die 11-Prozent-Regelung, abgeschafft werden. Stattdessen sollten auch nach einer energetischen Modernisierung Mieterhöhungen immer nur im System der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sein. Für eine Übergangszeit käme ein befristeter Zuschlag in Betracht, der sich an der Energieeffizienzsteigerung, also an der Energiekostenersparnis, orientiert.

8. Fristlose Kündigung

Geplant ist, dass der Vermieter künftig fristlos kündigen darf, wenn der Mieter die Kaution nicht zahlt oder mit der Kautionszahlung in Höhe von zwei Monatsmieten (Teilzahlungen) in Verzug ist.

DMB: Ein neuer Kündigungstatbestand ist überflüssig. Hierdurch wird kein sogenannter „Mietnomadenfall“ verhindert. Schon heute gilt: Wer nicht zahlt, kann fristlos gekündigt werden, auch fristlos.

9. Räumung per einstweiliger Verfügung

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass bei Streitigkeiten von Mietern und Vermietern über Mietzahlungen oder Mietminderung im Rahmen eines Räumungsprozesses das Gericht anordnen kann, dass der Mieter den strittigen Geldbetrag hinterlegt. Reagiert der Mieter nicht, kann das Gericht die Räumung der Wohnung per einstweiliger Verfügung anordnen.

DMB: Damit wird der Rechtsweg für den Mieter in unangemessener Weise verkürzt. Folge könnte sein, dass der Mieter aufgrund einer einstweiligen Verfügung seine Wohnung räumen muss, nur weil er die Sicherheit nicht oder nicht vollständig erbracht hat. Selbst wenn im weiteren Verlauf des Rechtsstreits dann die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen würde, der Mieter also letztlich die eigentliche Streitigkeit vor Gericht gewonnen hätte, wäre dieWohnung verloren.

Zwei Punkte des Mietrechtsänderungsgesetzes sind aus Mietersicht grundsätzlich positiv zu beurteilen:

10. Contracting

Beim Thema Contracting plant die Bundesregierung eine Klarstellung. Die Umstellung von der klassischen Energieversorgung durch den Vermieter auf Wärmelieferung durch einen Dritten (Wärmelieferanten) setzt nach der beabsichtigten neuen gesetzlichen Regelung Heizkostenneutralität für den Mieter voraus.

DMB: Die gesetzliche Klarstellung ist schon lange überfällig und schafft Rechtssicherheit. Aber: Auf bereits geschlossene Wärmelieferungsverträge ist die Regelung nicht mehr anwendbar. Außerdem soll sie nur in bestehenden Mietverhältnissen gelten, bei Neuvermietungen nicht. Damit hilft die neue Contracting-Regelung nur wenigen Mietern.

11. Kündigungssperrfrist nach Umwandlung

Die Kündigungssperrfrist nach Umwandlung der Wohnung in eine Eigentumswohnung von mindestens drei Jahren soll künftig auch dann gelten, wenn das Mehrfamilienhaus von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) erworben wird und die jeweiligen Gesellschafter an den einzelnen Wohnungen Eigenbedarf geltend machen (sog. Münchner Modell).

DMB: Diese Neuregelung schließt eine Lücke im gesetzlichen Kündigungsschutz. Andere Lücken im Kündigungsschutz aber bleiben. Die Kündigungssperrfrist muss nach unserer Ansicht für alle gesetzlichen Kündigungsgründe gelten, nicht nur für Eigenbedarf oder Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung.

Fazit: Die geplanten Änderungen des Mietrechts sind überwiegend überflüssig. Die Vorstellung der Bundesregierung, mit dem Abbau von Mieterrechten, zum Beispiel dem Mietminderungsrecht, könnten Investitionen ausgelöst und energetische Modernisierungen vorangetrieben werden, ist schlicht falsch und nicht mehr nachvollziehbar. In weiten Teilen sind die geplanten Mietrechtsänderungen ungerecht und sozial unausgewogen. Sie beschneiden Mieterrechte oder schaffen sie ab und erweitern gleichzeitig die Rechte der Vermieter. Sachliche Gründe für diese Rechtsänderungen sind nicht erkennbar. Wenn die Bundesregierung tatsächlich ihre Klimaschutzziele erreichen und den Wohnungsbestand insgesamt energetisch sanieren will, muss sie Lösungen für die Frage finden, wer die Modernisierungen letztlich zahlen soll. Hier aber passiert nichts.

 

Welche Forderungen hat der Deutsche Mieterbund?

  • Zur Begrenzung der Miethöhe ist für Neuabschlüsse von Mietverträgen eine wirksame Obergrenze von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete einzuführen. Zudem sind die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass zukünftig eine Mietpreisüberhöhung auch dann verfolgt werden kann, wenn nur in Teilen einer Gemeinde ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum vorhanden ist.
  • Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete in bestehenden Mietverträgen sind auf 15 Prozent in vier Jahren statt 20 Prozent in drei Jahren zu kappen.
  • Bei der Aufstellung von Mietspiegeln sind alle Mieten zu berücksichtigen und nicht wie bislang nur diejenigen (hohen) Mieten, die in den letzen vier Jahre verändert wurden.
  • Bei Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen ist die tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen.
  • Mieter können durch Nachzahlung rückständiger Mieten eine fristlose Kündigung des Vermieters aus der Welt schaffen. Das muss auch gelten, wenn der Vermieter in so einem Fall mit der regulären Kündigungsfrist gekündigt hat.

Nicht warten, bis es zu spät ist!

  • Schreiben Sie Ihren örtlichen Bundestagsabgeordneten an und protestieren Sie gegen das Mietrechtsänderungsgeset (Download Musterbrief).
  • Werden Sie Mitglied im DMB-Mieterverein.