Kommunale Wohnungs- und Mietenpolitik
Die Oberbürgermeisterwahl 2023
Im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl am 19. März 2023 haben wir einige Kandidatinnen und Kandidaten zu ihren Plänen auf dem Gebiet der kommunalen Wohnungs- und Mietenpolitik befragt. Die Antworten stellen wir Ihnen als Anhang im Wortlaut zur Verfügung.
Bauen, bauen, bauen lautet eine populäre Antwort auf die Wohnungsmisere. Richtig ist, dass der Bedarf die Zahl der vorhandenen Wohnungen weit übersteigt. Ein kurzer Blick in Wohnungsinserate zeigt jedoch, dass Neubaumieten nur für Gutsituierte finanzierbar sind und selbst die Mieten für ältere Wohnungen Normalverdienende überfordern. Viele derjenigen, die nicht umgezogen sind, haben in den letzten Monaten eine Mieterhöhung stemmen müssen, nachdem der Mietspiegel für Darmstadt 2022 um mehr als 17 Prozent gestiegen ist.
Die Herausforderung für die Politik liegt also nicht nur in der Ankurbelung des Wohnungsbaus, sondern in der Frage, wie bezahlbarer neuer Wohnraum geschaffen wird und gleichzeitig die Mieten des vorhandenen Wohnungsbestands in einem erträglichen Rahmen gehalten werden.
Zentrale Steuerungsinstrumente hat die Kommunalpolitik bei der Vergabe von Grundstücken für den Wohnungsbau und bei der Erstellung von Bebauungsplänen in der Hand. Schon seit über fünf Jahren werden diese Instrumente von der Stadt Darmstadt genutzt, um eine Quote von 25 % der Wohnungen für Bewohner mit geringen Einkommen und 20 % für Bewohner mit sogenannten mittleren Einkommen vorzusehen. Dennoch reicht die Zahl dieser sozial geförderten Wohnungen bei weitem nicht für alle Wohnberechtigten aus. Um den Sozialwohnungsbestand zu erhalten, muss die Stadt ständig neue Förderungen vornehmen, weil die befristete Sozialbindung für bestehende Wohnungen endet.
Vor allem aber sind die 55 % der Wohnungen, die ohne Sozialbindung und Auflagen vermietet werden, umso teurer.
An dieser Stelle besteht viel Spielraum, der genutzt werden kann, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten. Wir rufen daher den kommenden Oberbürgermeister oder die kommende Oberbürgermeisterin auf, diesen Spielraum wirksam zu nutzen.
Boden ist kein vermehrbares Gut und darf daher nicht den Profitinteressen privater Personen und Unternehmen überlassen werden, sonst wird Wohnen in Darmstadt immer teurer. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, dessen Befriedigung für Mieterinnen und Mieter bezahlbar sein muss.
Darum sehen wir einen wichtigen Baustein zur Lösung der Wohnungsmisere darin, keine Grundstücke und kein Baurecht mehr zugunsten gewinnorientierter Privatunternehmen zu vergeben. Grundstücke müssen im eigenen Bestand gehalten werden oder ausschließlich an Genossenschaften, gemeinwohlorientierte, kommunale oder staatliche Träger vergeben werden. Diesen Trägern können und müssen im Gegenzug zur Grundstücksvergabe dauerhafte Vorgaben zur Miethöhe und einer mieterfreundlichen Geschäftspolitik gemacht werden.
Gewinnorientierte Privatunternehmen ziehen nach Auslaufen der befristeten Sozialbindungen immer den größtmöglichen Profit aus ehemals städtischen Wohngrundstücken. Die Mieterinnen und Mieter der ehemaligen Post- und Bahnwohnungen, die jetzt der Vonovia gehören, können ein Lied davon singen.
Gewinnorientierte Privatunternehmen sind daher nicht geeignet, um dauerhaft bezahlbare Mieten zu gewährleisten. Statt ihnen Grundstücke zu überlassen, müssen Wohnungsunternehmen in öffentlicher Hand finanziell und personell so ausgestattet werden, dass sie ihrer Aufgabe nachkommen können, genügend bezahlbare Wohnungen zur Verfügung zu stellen.
Natürlich dürfen dem Bauverein als städtischem Wohnungsunternehmen nicht weiter auf Kosten der Mieterinnen und Mieter Gewinne für die Stadtkasse zu entnommen werden. Dafür ist die Aufgabe, ausreichenden, bezahlbaren und klimafreundlichen Wohnraum bereitzustellen, zu groß geworden. Um sie zu bewältigen, fehlen schon jetzt die erforderlichen Mittel. Gewinnausschüttungen sind angesichts der Wohnungskrise nicht mehr zu verantworten, denn Darmstadt kann es sich nicht leisten, die Wohnungsmieten immer weiter explodieren zu lassen, nachdem unser Mietspiegel schon den Mietspiegel für Frankfurt überholt hat.
Die Bundesregierung hat den Bedarf erkannt und wollte 400.000 neue Wohnungen jährlich bauen. Daraus ist nichts geworden. Umso wichtiger ist es, auf kommunaler Ebene gegenzusteuern. Eine große Herausforderung für den neuen Oberbürgermeister oder die neue Oberbürgermeisterin. Lesen Sie selbst, was von den Kandidat:innen zu erwarten ist:
Fragen zur Oberbürgermeisterwahl
Hier sind die Antworten:
Michael Kolmer - BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Hanno Benz - SPD
Paul Wandrey - CDU
Uli Franke - DIE LINKE
Holger Klötzner - Volt
Kerstin Lau - UFFBASSE
Gerburg Hesse - FDP